Infos über Sekten, Kulte und den Psychomarkt AGPF - Aktion für Geistige und Psychische Freiheit Bundesverband Sekten- und Psychomarktberatung e.V., Bonn Adresse dieser Seite: http://www.AGPF.de/Satanismus.htm Zuletzt bearbeitet am 30.9.2006 Zur Homepage | Zur Inhaltsseite | Zum Begriff Sekte | AGPF-Spendenkonto |
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Satanismus
Neu: Buchvorstellung Huettl, Andreas und König, Peter-R.: Satan - Jünger, Jäger und Justiz (>>)
Behörde für
Inneres - Landesjugendbehörde der Stadt Hamburg: Brennpunkt Esoterik: Okkultismus, Satanismus, Rechtsradikalismus Autoren: Prof. Dr. Hartmut Zinser, Ingolf Christiansen, Dr. Rainer Fromm. Ausgabe 2006, 236 Seiten
Freie und Hansestadt Hamburg Behörde für
Inneres Arbeitsgruppe Scientology |
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Zu unterscheiden ist zwischen Satanismus als
Organisierte satanische Ritualverbrechen?
Es geht hier nicht um Kriminelle, die sich auf
Satanismus berufen. Auch nicht um Grufties oder sonstige Gruppen, die sich
schwarz oder "satanisch" verkleiden. Mit satanischen Ritualverbrechen ist
organisierte Kriminalität gemeint. Irgendwie muss ja erklärt werden, warum
bisher kein eiziges schweres Ritualverbrechen als solches festgestellt
oder gar aufgeklärt werden konnte. Die Erklärung dafür geistert nicht nur durch
die Krininalfilme: "Bis in höchste Kreise", so heisst es, reiche der Arm des
organisierten Satanismus.
Eben diese
"höchsten Kreise" würden die Ermittlungen verhindern oder
sabotieren.
Über Satanistische Ritualverbrechen wurde
insbesondere berichtet, nachdem diese als angebliche Ursache für ein angebliches
Krankheitsbild bezeichnet wurden, nämlich die "Multiple
Persönlichkeit", eine Art vielfacher Persönlichkeitsspaltung. Ursache dieses
Krankheitsbildes ist angeblich Gewalt im Kindesalter. Herausgefunden wurde diese
angebliche Gewalteinwirkung von Psychotherapeuten mit Mitteln der
Psychotherapie.
Inhaltlich ging es in der
Mehrzahl der Fälle nicht um den angeblichen rituellen Missbrauch.
Sondern um die angebliche Erinnerung
daran.
Offenbar handelt es sich meist um
induzierte Erinnerungen. Also künstliche erzeugte Erinnerungen. Diese als
falsche Erinnerungen, false memories, bezeichnet. Die Amerikanerin
Elisabeth Loftus warnte frühzeitig, in Deutschland durch einen Artikel in der
Zeitschrift "Spektrum der Wissenschaft" vom Januar 1998: "Falsche Erinnerungen.
Durch Suggestion und Einbildung lassen sich dem Gedächtnis Reminiszenzen von
Ereignissen einpflanzen, die nicht so oder überhaupt nie stattgefunden haben.
Darum ist bei manchen Aussagen über traumatische Erlebnisse - etwa sexuellen
Mißbrauch in früher Kindheit - Skepsis angebracht."
In den USA ging es dabei oft um sexuellen
Missbrauch in der Familie. Damit wurden Angehörige als Straftäter bezeichnet.
Viele haben sich dagegen mit Prozessen gegen die Therapeuten gewehrt. Auch
Patienten haben geklagt. Loftus bericht über solche Fälle. Felix Kuballa
befragte in einem WDR-Film (ARD 28.8.2003 "Multiple Persönlichkeiten -
Wahn der Therapeuten?") den Anwalt Christoper Barden, der über "mindestens
einige Hundert, wahrscheinlich um die Tausend" solcher Verfahren berichtete,
die "praktisch alle ... gegen die Therapeuten entschieden"
wurden.
Kuballa hat auch Paul McHugh
befragt, Professor an der Johns-Hopkins-Universität, "wohl kein anderer
Psychiater hat in den letzten Jahren so viele angeblich Multiple
Persönlichkeiten begutachtet wie er".
Auf
Kuballas Frage, ob er jemals Multiple gesehen, die ihre verschiedenen
Persönlichkeiten ohne Therapeut gefunden haben, antwortete Paul McHugh: "Nein,
niemals, alle Fälle, die ich gesehen habe, waren produziert von den Therapeuten
und den Patienten eingeredet worden.
Auf
die Frage, ob er welche erlebt habe, die sich an sexuellen Missbrauch erinnerten
ohne Therapeut, Hypnose und Medikamente, antwortete der Professor: "Nein,
nie. Die Patienten kamen zu uns, weil ihnen die Therapeuten solche Gedanken
eingegeben hatten. Wenn man einmal die Idee vom sexuellen Missbrauch
befördert hat, kann man auch ganz andere Ideen entwickeln, zum Beispiel,
dass man in satanischen Missbrauch verwickelt sei oder diese lächerliche Idee,
man sei entführt worden von Ausserirdischen und missbraucht worden im
Raumschiff. Das Problem mit sogenannten verdrängten Erinnerungen ist: Wenn man
anfängt zu glauben, der Therapeut weiss mehr von einem als man selbst, dann kann
der alles ins Gedächtnis einpflanzen."
In
den Prozessen ging es um finanzielle Entschädigung. Die höchste zugesprochene
summe lag über 10 millionen Dollar. Auf die Frage von Felix Kuballa, was mit den
Therapeuten nach den Prozessen geschhen sein, antwortete Anwalt Christoper
Barden: "Viele verloren ihre Lizenzen, vielen wurde gekündigt, viele hörten auf,
als Therapeut zu arbeiten und wechselten in andere Jobs. Ihre wichtigste
Zeitschrift wurde verboten, ihre Kliniken wurden geschlossen. Überall in den USA
wurde es für diese Leute immer schwieriger, noch zu praktizieren."
Der Spiegel berichtete (16/1994) unter dem Titel "Bürgerkrieg im Innern": "Rund 40 000 Deutsche leiden unter Multipler Persönlichkeitsstörung, einer durch frühkindliche Mißhandlungen verursachten Krankheit, bei der viele Wesen in einem Körper zu leben scheinen." 40.000 war eine Schätzung von Diplompsychologin Michaela Huber, auf die der blumige Spiegel-Artikel sich weitgehend stützt. 1995 veröffentlichete diese ein Buch "Multiple Persönlichkeiten. Überlebende extremer Gewalt. Ein Handbuch". Aber bereits im selben Jahr berichtete der Spiegel (12/95, "Modischer Wahn) über Zweifel: "Psychiater zweifeln am Krankheitsbild der Multiplen Persönlichkeit sie sehen darin eine neue Form der Hysterie". In einem Leserbrief (Spiegel 15/95) beruft Huber sich auf "400 fachwissenschaftlichen Studien" und darauf, dass das Krankheitsbild "bereits seit 1980 als eigenständige Diagnose in das international verwendete ,,Diagnostische und statistische Manual psychischer Störungen" (DSM) aufgenommen wurde". Und: "Als 'Kannregel' habe ich beschrieben, daß es in satanischen Sekten zur Tötung von Embryonen beziehungsweise Säuglingen kommen kann, aber nicht damit suggerieren wollen, daß Kannibalismus in Deutschland verbreitet sei."
1998 berichtete der Spiegel (44/98, "Floras
Erzählungen") erneut über die "Multiple Persönlichkeitsstörung", den "Psycho-Hit
der frühen Neunziger", um die es still geworden sei: "Jetzt wird bekannt: Die 16
Persönlichkeitsabspaltungen im Paradefall "Sybil", auf den sich die
Psycho-Zunft gern berief, waren die Erfindung einer Therapeutin und einer
Autorin", der Psychoanalytikerin Cornelia Wilbur und der Autorn Flora
Schreiber. 25 Jahre später fand der New Yorker Gerichtspsychologe Robert
Rieber in seinem Büro im John Jay College of Criminal Justice zwei Tonbänder,
die er 1972 von Flora Schreiber erhalten hatte, die damals am John Jay College
in Manhattan arbeitete. Die Bänder enthielten überwiegend Protokolle der
Gespräche zwischen Sybil und ihrer Therapeutin. Allerdings auch Unterhaltungen
zwischen Therapeutin und Autorin. Er hatte diese damals wegen schlechter
Qualität beiseite gelegt und sich erst wegen einer erneuten Expertendiskussion
über den Fall Sybil daran erinnert. Aus den Bändern, so berichtete Rieber im
August 1998 auf der Jahrestagung des amerikanischen Psychologenverbandes in San
Francisco, ergebe sich eindeutig, dass der "Fall Sybil" in Wahrheit ein
"hinterlistig eingefädeltes Betrugsmanöver", eine "betrügerische Konstruktion"
gewesen sei. Die Therapeutin habe psychologische Beeinflssungsmethoden
angewandt, aber auch Medikamente. Sie hab eihrer Patientin alle Details
suggeriuert.
Der Spiegel: "Ein
rätselhaftes Krankheitsbild, Sex, Gewalt und Missbrauch, verwoben in ein
psychologisches Gebabbel, so hatten es sich Flora Schreiber und Cornelia Wilbur
zurechtgelegt, würde ihnen Ruhm, Anerkennung und viel Geld einbringen. Die
Rechnung ging auf."
Zunächst waren es nur Eltern im Rentneralter, die
bei der AGPF anfragten. Ihre Tochter (deutlich oberhalb der 30) behaupte
und verbreite, ihr Vater habe sie als Kind missbraucht. Ihre Mutter habe das
gewusst und geduldet.
Auf die Frage, warum
sie anrufen:
Sie seien nicht krank.
Zumindest nicht mehr. Die Therapie habe Tatsachen zu Tage gefördert. Damit habe
sich die früher vermutete Krankheit erledigt. Allerdings seien die Angehörigen
offenbar anderer Meinung. Deshalb würden sie eine Bestätigung benötigen, dass es
solche Satans-Sekten gebe und dass dort solche Ritualverbrechen üblich
seien.
Mehrfach jährlich rufen heute Frauen bei der AGPF an und berichten mit allergrösster Selbstverständlichkeit, sie seien als Kind mit dem Einverständnis ihrer Eltern in Satanisten-Sekten missbraucht und ihr eigenes Kind sei ihr sofort nach der Geburt weggenommen und getötet worden.
Während der obige Text enstanden ist, berichtete der Journalist Hugo Stamm im Züricher Tages-Anzeiger vom 05.09.2006, http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/schweiz/662201.html
"Wirbel um erfundene Satansrituale - Drei Frauen beschuldigen ihre Eltern, bei Satansritualen Babys getötet zu haben. Die Thurgauer Behörden sitzen der monströsen Verschwörung auf."Hugo Stamm befasst sich seit 30 Jahren mit Sekten, über Esiterik hat er ein Buch geschrieben, eine Sammlung seiner Artikel befindet sich unter www.tagesanzeiger.ch/sekten - er ist also weit entfernt davon, das Thema herunterzuspielen.
Stamm berichtet: "Drei Bewohnerinnen einer therapeutischen Wohngemeinschaft hatten angeblich unabhängig voneinander Erinnerungen an schreckliche Erlebnisse aus der Kindheit, die teilweise 20 und mehr Jahre zurückliegen. Sie behaupteten, ihre Eltern, viele Verwandte und Bekannte seien Mitglieder von verschiedenen satanischen Zirkeln und hätten sie schon als kleine Kinder sexuell missbraucht. Sie seien gezwungen worden, menschliches Herz und Hirn zu essen, Leichen zu zersägen, Köpfe zu spalten und schwangere Frauen aufzuschlitzen, behaupteten die drei psychisch schwer belasteten Frauen. Auch ihnen seien gewaltsam Kinder abgetrieben worden. Die drei verschiedenen Satanszirkel hätten mindestens 50 Babys und ähnlich viele Erwachsene bei den Ritualen ermordet. Die Kultmitglieder hätten auch Bewohner von Altersheimen entführt und umgebracht."
Die Heimleiterinnen nahmen die Vorwürfe ernst und erstatteten Ende 2003 Strafanzeigen gegen die Väter der Frauen wegen sexuellen Missbrauchs. Vor dem Einzug der Frauen in die therapeutische Wohngemeinschaft war der Kontakt zur Familie noch gut gewesen, von Missbrauch keine Rede. Die Polizei ermittelte,setzte am angeblichen Ritualplatz Spürhunde ein, um nach Leichen zu suchen. Gefunden wurde nichts.
Da mehrere Elternpaare angezeigt wurden, die an
unterschieldichen Orten wohnten, wurde schliesslich auch die Ermittlungebehörden
in der Schweizer Hauptstadt Bern mit der Sache befasst. Dort konnte man keine
Konkreten Anhaltspunkte für Straftaten sehen, zumal es keine Vermisstenanzeigen
gab.
Der Fall Ruda wird in mehrerren Artikeln auf dieser Seite angesprochen. Es geht um den "Satansmord von Witten" im Juli 2001. Zum Urteil der Bericht >>. Sicher ist, dass es sich nicht um organisierte Kriminilaität gehandelt hat.
Rainer Fromm hat mit "Manuela Ruda über ihre Zeit
als Satanistin" gesprochen.
Sein
Fazit:
Die Satanisten-Szene ist um ein Vorbild ärmer. Deutlicher als Manuela Ruda kann man eine Distanzierung von der Satanistischen Wahnwelt, der immer mehr Jugendliche verfallen, kaum artikulieren. Manuela Ruda: "Ich denke, ich bin alles andere als ein Vorbild, und wenn man da mal richtig dahinter schaut, sieht man kein Glamour dahinter. Und keine Szenegröße oder sonst was. Ich bin Straftäter!"Rainer Fromms Film wurde am 07.04.2006 im ZDF-Magazin Aspekte gesendet, Text unter http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/0/0,1872,3921088,00.html
Fromm spricht von einem "menschenvverachtenden Wahnsystem":
"Angefangen hat alles in der Gruftie-Bewegung. Hunderttausende lieben den Charme der so genannten "schwarzen Szene". Manuela Ruda war eine von ihnen. "Gruftie" sein heißt Melancholie und Tristesse, Hoffnungslosigkeit und Todessehnsucht, Mittelalterflair und Extravaganz. Und nicht wenige Anhänger der Szene sympathisieren mit okkulten und satanistischen Ideen. Kurzum - ein düsteres Paralleluniversum. Doch was für Manuela Ruda als Spaß begann, wurde zur Psychofalle. Satanistische Traumwelt und Realität verschmolzen. ...Manuele Ruda ist aus dem Gruftie-Lifestyle in ein Wahnsystem geraten. Ihr Anwalt: "Es war erschütternd, wie ich Frau Ruda kennen lernte. Sie war total verängstigt und total überzeugt, dass der Satan sie auserkoren hatte, dass sie zu ihm durfte. Sie hatte mir auch erklärt, dass sie als Vampir in der Hölle leben wollte."
Die Gruftie-Braut studiert satanistische Literatur, aus dem Lifestyle wird ein menschenverachtendes Wahnsystem. Und dann die Tat: Gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann ermordet Manuela Ruda einen früheren Bekannten - "auf Befehl Satans" sagt sie später vor Gericht.
Huettl, Andreas und König, Peter-R.: Satan - Jünger, Jäger und Justiz Kreuzfeuer-Verlag 2006, 412 Seiten, ISBN 3-937611-01-0 Andreas Huettl ist Jurist. Kein Wunder also,
dass er Fakten und Recherchen wiedergibt, wo immer solche zu finden waren.
Zum Beispiel auch zu den angeblichen Ritualmorden, wie etwa der Ermordung
Neugeborener. Bestellung: http://www.kreuzfeuer-verlag.de/bestellung/bestellung.htm |
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Fromm, Rainer: Satanismus
in Deutschland Zwischen Kult und Gewalt Olzog 2003, ISBN 3-7892-8119-0 |
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Ingolf Christiansen:
Satanismus. Faszination des Bösen. Taschenbuch - 156 Seiten - Gütersl. VH., Gtsl. |
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Liane von Billerbeck und Frank Nordhausen:
Satanskinder Der Mordfall Sandro B. Christoph Links Verlag 1994, 2. aktualisierte Auflage 2001, 326 Seiten von denselben Autoren: Psycho-Sekten |
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Bernhard Wenisch:
Satanismus Grünewald/ Quell-Verlag 1988, 150 Seiten |
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Jürgen
Hauskeller: Im Namen des Satans Das verlockende Spiel mit dem Bösen R. Brockhaus 1995, 139 Seiten |
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Ricarda S. : Satanspriesterin. Meine Erlebnisse bei der schwarzen Sekte. Eichborn-Verlag 1989, 152 Seiten | ![]() |
Kurzbeschreibung:
Aus:
http://www.gemeindedienst.de/weltanschauung/texte/satanismus.htm
Dr. Hansjörg Hemminger: Satanismus Der Grundsatz des neuzeitlichen Satanismus: "Es ist kein Gott, außer dem Menschen" kennzeichnet die Haltung aller satanistischen Strömungen. Der Protest- oder historische Satanismus lebt von der Umkehrung christlicher Grundlagen, wendet sich gegen die Kirche, verdreht christliche Lehren und Gebote in ihr Gegenteil und feiert in seinen "Schwarzen Messen" Satanskulte. Er spielt zahlenmäßig kaum mehr eine Rolle. Der Ordenssatanismus oder rituelle Satanismus führt seine Ideen und Praktiken auf Aleister Crowley (1875 bis 1947) zurück. Diese Gruppen schließen sich in der Regel zu straff organisierten und geheim praktizierenden Orden oder "Kirchen" zusammen. Anders als der Protestsatanismus stellt diese Richtung eine Religion dar, die auf die Verherrlichung des mächtigen, unmoralischen Menschen und auf die Befriedigung sexueller und perverser Neigungen zielt. Die "Schwarzen Messen" dienen bei dieser Richtung des Satanismus in wesentlichen Bestandteilen der Triebbefriedigung. Ein davon verschiedener Kultursatanismus breitet sich vorwiegend durch Kunst, Film, Fantasy-Literatur und -Spiele sowie Rockmusik aus. Für die Texte dient ebenfalls Aleister Crowley als Vorbild. Eine wichtige Rolle spielen auch die Symbole auf Kleidung und Plattencover sowie Bühnendekorationen und die Vermarktung dieser Symbole an die jugendliche Fangemeinde. Es sind vor allem umgekehrte Kreuze, ein Pentagramm mit zwei Zacken nach oben, die Zahl 666, Knochen, schwarze Kleidung usw. Der Kultursatanismus ist als solcher nicht organisiert, operiert auch nicht im geheimen und bildet höchstens Neigungsgruppen. Dennoch ist er seelsorgerlich und theologisch ernst zu nehmen, da satanistische Anschauungen bekanntgemacht werden und einen Einstieg in härtere Praktiken bieten. Manche Gruppen des modernen Hexentums müssen ebenfalls zum Satanismus gezählt werden, obwohl man nicht von einem ausgesprochenen Satanskult sprechen kann. Der Jugend-Satanismus ist dagegen weniger organisiert als die Satanskirchen Erwachsener, er wird in mehr oder weniger geheimen "Cliquen" betrieben, die oft von einem etwas älteren Meister oder Messias geleitet werden. In den Cliquen kommt es zu Straftaten, zum Beispiel werden Opfertiere (schwarze Katzen, Kaninchen, Hühner) gestohlen und auf einem Altar rituell getötet. Häufig sind Gewalt gegen "Abtrünnige", Vergewaltigungen und andere sexuelle Übergriffe. Ganz selten kam es zu Suiziden und Morden. Die Zahl satanistischer Jugendgruppen ist unbekannt, sie sind nicht häufig, treten aber lokal immer wieder auf. Wird bekannt, daß eine solche Clique existiert, muß unbedingt unter dem Gesichtspunkt des Jugendschutzes eingegriffen werden. Häufig machen die traumatischen Erlebnisse der Jugendlichen eine intensive seelsorgerliche Begleitung erforderlich. |
Artikel von Frank Nordhausen
Frank Nordhausen hat zusammen mit Liane von
Billerbeck vielbeachtete Bücher geschrieben. So über "Psycho-Sekten", über
den "Sekten-Konzern" Scientology und "Satanskinder" (>>).
Berliner Zeitung
26.1.2002
SATANISMUS IST
POP Seit Manuela und Daniel Ruda in Bochum der Prozess gemacht wird, erhält die Republik Einblicke in das Denken und Leben von Satanisten, wie es so authentisch nur selten zu hören ist. Bis zu 10 000 radikale Anhänger des Teufelskultes leben in Deutschland, schätzt der protestantische Satanismus-Experte Ingolf Christiansen aus Göttingen, Autor mehrerer Bücher zum Thema. "Das sind die Hardcore-Satanisten, die theoretisch auch über Tieropfer hinausgehen." Er schränkt zwar ein, die genaue Zahl der Okkultisten kenne in Wahrheit niemand. Okkult heißt ja geheim. Aber das macht die Sache nur umso interessanter. Schwarze Kleidung, Sado-Maso-Posen, Särge, Satan. Der Wittener Mordfall hat eine Schattenseite jener Jugendkultur beleuchtet, der Manuela und Daniel Ruda angehören - der "schwarzen Szene". So bezeichnen sich Grufties und Gothics, Black- und Death-Metaller, junge Leute, die sich durch ihr schwarzes Styling und düstere Musik von anderen abheben. Für die meisten ist es ein Freizeitspaß am Wochenende. Einige aber interessieren sich außer für die Musik auch für magisch-okkulte Traditionen und den Satanismus. Auch der 17-jährige Gymnasiast Michael aus Dortmund gehört zur Szene. Mit seinen Schulfreunden, einem Jungen und vier Mädchen, ist er nach Bochum gekommen, um den Prozess zu beobachten. Michael bekennt sich, was selten ist, offen als Satanist. Was das bedeutet? Er lächelt. "Die satanische Bibel lesen, Rituale feiern, auf dem Friedhof rumhängen." Was man eben so macht. Aber die Rudas, die seien zu weit gegangen, finden er und seine Freunde. Ganz klar. "Unschuldige Menschen zerstückeln ist Scheiße, aber Satanismus muss nicht falsch sein", sagt Michael. "Auch in der Bibel steht, dass Tiere geopfert werden." Er sagt das lakonisch. Die anderen nicken. Kurz nach der Tat zeigte "Spiegel TV" tanzende Grufties in Manuela Rudas Bochumer Stammdisco "Matrix" und kommentierte die Bilder mit den Worten: "Bleibt zu hoffen, dass Luzifer nicht weitere Aufträge erteilt. Gehör würde er mit tödlicher Sicherheit finden." Daraufhin ging ein Aufschrei durch die schwarze Szene. Auf ihrem September-Titel druckte die Gothic-Zeitschrift "Zillo" die Konterfeis von 36 Jugendlichen mit der Schlagzeile: "Wir sind keine Mörder". Der Chefredakteur distanzierte sich von dem Mord und warnte: "Hier soll eine ganze Jugendkultur kriminalisiert werden." Nur die wenigsten Grufties seien überzeugte Satanisten. Und der "Matrix"-DJ, ein verwegener Bursche mit Ringen durch Nase und Ohr, erklärte: "Die Szene zeichnet sich durch extreme Friedlichkeit aus. Es ist ein Lifestyle wie jeder andere." Fast wie jeder andere. Vor dem Bochumer Gerichtssaal steht die 19-jährige Ines aus Düsseldorf, ein Gothic Girl, die ihre rot gefärbten Haare zum schwarzen Kleid und ein Kettchen mit umgedrehtem Kreuz trägt. Auf die Frage, ob die Rudas für sie Idole seien, antwortet sie: "Na klar. Ich wäre froh, wenn es mehr so 'ne Leute geben würde, die sich gegen die Trendsetter auflehnen." Es ist ja auch gar nicht mehr so leicht aufzufallen. Reichte vor 15 Jahren noch ein Schlitz in den Jeans, um Erwachsene zu schockieren, so müssen es heute schon implantierte "Fangzähne" sein, wie sie Manuela Ruda trug. Ines jedenfalls besucht den "Satans"-Prozess, um dort "das Feeling aufzunehmen". Als ob sie in ein Pop-Konzert ginge. Und Manuela und Daniel Ruda sind Pop. Im Nachhinein wirkt auch die Vorgeschichte ihrer Tat wie eine Inszenierung für die Medien. Ihre Wohnung in Witten hatten sie ausstaffiert mit Insignien des populären Satanismus wie umgedrehten Kreuzen, der SS-Rune und der Zahl 666, die gemäß der Bibel für "das große Tier", den Teufel steht. Manuela Ruda schnitt ihrem toten Opfer sogar noch ein Pentagramm als Teufelszeichen in den Bauch. An ihrer Wohnungstür stand: "Verwertungsanstalt Bunkertor 7 Dachau", und ans Fenster hatte sie geschrieben: "When Satan lives" (Wenn Satan lebt) - Chiffren, die jeder Szenegänger sofort wiedererkennt. "When Satan lives" ist der Titel einer CD der amerikanischen Black-Metal-Band Deicide, und "Bunkertor 7" heißt ein Lied des bayrischen Blut-und-Horror-Elektronikers Wumpscut alias Rudy Ratzinger (der sich für die Werbung durch das Mörderpaar unlängst mit einem Song namens "Ruda" revanchierte). Wumpscut singt Lieder, die sich so anhören: "Tot, tot, tot, ich mache dich tot/ tot, tot, tot, von Blut alles rot." Extreme Ausnahmen auf dem Musikmarkt? Indizierte Gewaltverherrlichung? "Keinesfalls. Beide Bands sind längst Mainstream, nichts Besonderes", winkt Wolf-Rüdiger Mühlmann aus Hamburg ab, ein junger Produzent von harten Metal-Bands. Satanismus ist ein fester Bestandteil der Jugend- und Popkultur geworden. Und seine Dynamik bezieht er aus der Musik. Alles begann Anfang der 70er-Jahre. Als Stammvater der Satansrocker gilt der exaltierte John "Ozzy" Osbourne mit seiner Kult-Band Black Sabbath, der damals in brüllender Lautstärke "Mein Name ist Luzifer, nimm meine Hand!" kreischte. Osbourne, der die Beschwörung des Teufels als provokantes Spiel auffasste, wurde von christlichen Fundamentalisten verbissen als "Antichrist" bekämpft, was seinen rebellischen Ruf und den Plattenverkauf stark beförderte. "Satanism sells", Satanismus verkauft sich gut, erkannten clevere Nachfolger, die zehn Jahre später mit einer schnellen, rüden Spielart des Heavy Metal Gewalt verherrlichten, das Christentum schmähten und den Satan priesen. Der "Black Metal" war geboren, benannt nach der zweiten Platte der britischen Gruppe Venom (Gift) von 1982. Auf ihren Plattencovern feierten Venom und andere Bands wie Judas Priest oder Iron Maiden ein Festival der Totenschädel, Zombies und Folterbänke. Ihre Texte handelten von Triebmord, Vampirismus oder Friedhofsritualen. "Bring den einzigen Sohn des Priesters um, schau zu, wie das Baby stirbt, trinke das reine Blut", jaulten etwa die Macho-Rocker der Metal-Band Slayer (Totschläger). Zwar ging es den allermeisten Musikern damals wie heute weniger um "echte" Blutorgien und Teufelsrituale als um die Provokation als Imagefaktor. Doch jede Provokation erschöpft sich irgendwann, was dann die pop-satanische Radikalisierungsspirale in Gang bringt. Anfang der 90er-Jahre traten plötzlich Black-Metal-Bands aus Skandinavien auf den Plan mit dem Motto: "Die alten Bands haben nur darüber gesungen - wir tun es!" Sie gründeten satanistische Zirkel und hetzten gegen die Christen, die das "Nordland" mit ihrer Nächstenliebe schwach und lahm gemacht hätten. Varg Vikernes, der Chef der Osloer Band Burzum, beschloss damals, die "Mission Luzifers" in die Tat umzusetzen: Feuer für die Christenheit. Er rief dazu auf, Kirchen anzuzünden; seine Fans brannten daraufhin rund zwanzig Gotteshäuser nieder. Vikernes stieg weltweit zur Kultfigur der Black-Metal-Szene auf, als er 1993 einen Rivalen brutal ermordete. Vor Gericht gab er außerdem zu, vier Kirchen angezündet zu haben. Sein Kommentar: "Nicht jene, die Kirchen niederbrennen, sind die Verbrecher, sondern jene, die die Kirchen errichten." Er wurde zu 21 Jahren Haft verurteilt. Die "Norweger" sind ein Sonderfall. Die weitaus meisten Satansrocker erklären nach wie vor, ihre Hasstiraden seien nichts als eine Show. "Die machen das augenzwinkernd. Sie werden nur manchmal falsch verstanden", sagt der Musikproduzent Wolf-Rüdiger Mühlmann. "Aber die jungen Leute nehmen das ernst!", entgegnet Sektenexperte Ingolf Christiansen. Weil der Satanismus die christlichen Werte umdreht, erscheint er einigen Jugendlichen als eine extrem wirksame Form der Rebellion. Als ein ultimativer Kick. Eine Möglichkeit, sich gefährlich und mysteriös aufzuführen. Als eine neue, "krasse" Religion. Das rief auch die Polizisten einer Sonderkommission auf den Plan, die 1996 im südlichen Brandenburg eine Gruppe Grab- und Kirchenschänder verfolgten. Im November des Jahres nahmen sie auf dem Friedhof der Kleinstadt Finsterwalde um Mitternacht zwei Mädchen und drei Jungen zwischen 16 und 18 Jahren fest, die mit einem Rucksack voll menschlicher Knochen unterwegs waren. Die Jugendlichen hatten einen satanistischen Zirkel gegründet und schwarze Messen gefeiert. Der Polizei erzählten sie, sie hätten nur "ihre Gefühle ausleben" wollen. Bundesweit haben solche "Gefühlsausbrüche" seit Anfang der 90er-Jahre stark zugenommen. Priester wurden bedroht, Grabkreuze beschmiert und umgestürzt, tote Hühner an Kruzifixe gebunden, auch einige Kirchen angezündet. "Solche Taten sind inzwischen gang und gäbe", erklärt der protestantische Sektenbeauftragte Thomas Gandow aus Berlin. Er hat nach fundamentalistischen Christen und Scientology am meisten mit dem Satanismus zu tun. Er sagt: "Musik und Medien kommt eine zentrale Rolle zu. Wenn die Bravo über schwarze Messen berichtet, spielen die Kids das umgehend nach." Die Jugendlichen praktizieren, was Fachleute als "modernen Privatsatanismus" bezeichnen. Sie basteln sich ihren eigenen Kult. Detaillierte Anweisungen für Blutopfer, "Ekeltraining" und schwarze Messen finden sie vor allem bei dem 1947 gestorbenen "Magier" Aleister Crowley aus England. Crowley gilt als geistiger Ahnherr der modernen Satansjünger. Der wütende Gegner des Christentums betete den Teufel aber nicht als Person an, sondern betrachtete ihn als Symbol für das rücksichtslose Ego: "Es gibt keinen Gott außer dem Menschen." Und kein Gesetz außer dem, das der Einzelne sich selber schafft: "Tretet nieder die Jämmerlichen und die Schwachen, dies ist das Gesetz der Starken." Diese Macht-Ideologie gibt Schwachen die Chance, sich stark zu fühlen, denn die Rituale sollen sie mit den "Mächten des Bösen" verbinden. "Magische Power" tankt dabei vor allem, wer viel Blut konsumiert - wie es Manuela und Daniel Ruda taten. Die Praktiken von Jugendlichen wie den beiden Wittenern haben die Experten lange Zeit als "Mickymaus-Satanismus" missachtet, weil sie nur Traditionsvereine wie den "Ordo Templi Orientis" oder die "Fraternitas Saturni" für gefährlich hielten, in denen meist Familienväter am Wochenende zu schwarzen Messen schreiten. "Jetzt aber ist Satanismus unter Jugendlichen eine Tatsache", sagt Experte Christiansen. "Ob es uns passt oder nicht." Doch aktuelle wissenschaftliche Studien über die Szene gibt es nicht. Als Treffpunkte der jungen Okkultisten, meist Gymnasiasten, fungieren die einschlägigen "schwarzen" Discos, die Accessoire- und Tattoo-Läden wie der "666"-Shop in Essen oder das "Near Dark" in Dortmund. Der Markt für okkultes Zubehör wie Pentagramm-Anhänger, Plastik-Totenköpfe, Ritualmesser oder schwarze Roben wächst ständig. Informationen werden über das Internet und über Fan-Magazine wie "Legacy" oder "Gothic" ausgetauscht, Bekanntschaften über die Kleinanzeigen geknüpft: "Pechschwarzer Vampir sucht Prinzessin der Finsternis..." Wer sich im Internet bei einer Satanisten-Adresse einklinkt, landet auch schnell bei harter Pornografie, Sado-Maso-Sex und Mord-Seiten, auf denen echte Tötungen zu sehen sind. Als neueste Entwicklung beobachtet der Satanismus-Experte Christiansen eine zunehmende "Versektung" der Szene. So empfehlen einige Gothic- und Metal-Musiker ihren Fans inzwischen den Eintritt bei der kalifornischen "Church of Satan" des 1997 verstorbenen Exzentrikers Anton Szandor LaVey, eines erklärten Crowley-Jüngers. Und die Fans folgen. Die "Church" spielt in der schwarzen Szene in Deutschland inzwischen eine Rolle wie die NPD bei den Rechtsradikalen. Auch die 17-jährige Anja aus Recklinghausen, die vor dem Landgericht Bochum auf den Einlass zum Prozess wartet, fiebert schon ihrer Aufnahme entgegen. "Wenn ich 18 bin, trete ich bei der Church ein", sagt sie. Anja hat bereits LaVeys weiß auf schwarz gedruckte "Satanische Bibel" und seine "Satanischen Rituale" verschlungen. Seit die beiden Bücher 1999 auf Deutsch auf den Markt kamen, sind sie die Renner in der Szene. Auch Manuela und Daniel Ruda bezogen ihr Wissen über den Teufel vor allem von Anton Szandor LaVey. "Die ständige Beschäftigung mit diesem Gedankengut hat die Hemmschwelle vor einer Tötung deutlich herabgesetzt." Dieser Satz, der auch auf die Wittener Mörder passen würde, stammt aus einem anderen "Satansmord"-Prozess. 1993 hatten drei Jugendliche, die sich "Kinder des Satans" nannten, im thüringischen Sondershausen einen Mitschüler getötet. Hendrik Möbus, einer der Täter, ist in der schwarzen Szene inzwischen zur Kultfigur aufgestiegen. "Für mich ist der Nationalsozialismus die vollkommenste Synthese aus satanischem luziferischem Willen zur Macht, verbunden mit arisch-germanischem Heidentum", verkündet Möbus, der seit letztem Jahr wegen rechtsradikaler Propaganda wieder im Gefängnis sitzt. Er ist zum Protagonisten einer neuen, gewalttätigen Szene geworden, die Satanismus und Rechtsextremismus verschmilzt und unter dem Label "NS Black Metal" firmiert. Er wurde zum Idol der Härtesten der Harten. Auch Manuela und Daniel Ruda wollten stark sein. Sie bewunderten Hendrik Möbus, Varg Vikernes und den amerikanischen "Satansmörder" Charles Manson. Manuela reiste nach Norwegen, um sich dort abgebrannte Kirchen anzuschauen. Direkt nach dem Mord fuhren beide nach Sondershausen, um das Grab des ermordeten Jungen zu schänden. "Daniel fühlte sich wie Gott", sagt ein früherer Kumpel vor Gericht. "Und er wollte immer so berühmt werden wie Charles Manson." Es ist nicht leicht gewesen, berühmt zu werden. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so lange dauert, jemanden umzubringen", hat Manuela Ruda im Verhör angegeben. Aber jetzt stehen sie und ihr Ehemann im Scheinwerferlicht. Wie Hendrik Möbus. Nur anders. Manuela und Daniel Ruda haben die Radikalisierung der Satansszene wieder ein Stück weitergedreht. Vor der Tür des Gerichtssaals in Bochum wartet ein junges Mädchen, ganz in Schwarz. Warum ist sie gekommen? "Rudas sind Kult", sagt sie |
Frank Nordhausen über die
"Satansmörder von Witten
"Jugendsatanismus": zwei Meinungen
SüdwestPresse 6.2.02 Kirche / Experten stellen Besorgnis erregende Entwicklung fest Die Zahl jugendlicher Satanisten steigt Immer mehr junge Menschen interessieren sich für Satanismus. Und ihre Zahl steigt - insbesondere in den neuen Bundesländern. Experten sind besorgt. Schwerin· Immer mehr Jugendliche in Deutschland werden nach Einschätzung kirchlicher Sektenexperten Anhänger des Satanismus. Vor allem in Ostdeutschland habe der Satanskult seit der Wende deutlich zugenommen, sagte der Sektenbeauftragte des katholischen Erzbistums Hamburg, Pfarrer Michael Sobania. Habe es vor einigen Jahren bundesweit rund 1000 Satanisten gegeben, so werde die Zahl gegenwärtig auf 3000 bis 7000 geschätzt. Viele Jugendliche in den neuen Ländern hätten erst nach 1989 die Möglichkeit gehabt, sich über das Thema zu informieren und sich entsprechende Requisiten zuzulegen, sagte der Theologe. Nach Einschätzung des Sektenbeauftragten der Pommerschen Evangelischen Kirche, Friedrich von Kymmel, hat die Berichterstattung über den Bochumer ¸¸Satanisten-Prozess'' die Angeklagten inzwischen zu "Kultfiguren'' gemacht und das Interesse an der Thematik gerade unter Gymnasiasten gestärkt. Tief sitzende Frustration Sektenbeauftragter Kymmel warnt vor einer Verharmlosung des Satanismus als Teil der Jugendkultur. Derartige Anschauungen seien Ausdruck einer tief sitzenden Frustration gegenüber dem Leben und der Gesellschaft. Tabuhandlungen wie die Schändung von Kirchen oder Friedhöfen seien dabei ein Weg, um diese Gefühle wirksam in die Öffentlichkeit zu tragen. Dabei gebe es gerade über die Death-Metal-Musik "eindeutige Querverbindungen'' zum gewaltbereiten Rechtsextremismus, so Kymmel. Dem Sektenbeauftragten Sobania zufolge
handelt es sich bei den Anhängern des Satanskults vor allem um "ältere
männliche Jugendliche''. Eine Untersuchung der Jenaer
Friedrich-Schiller-Universität habe zudem ergeben, dass rund 97 Prozent
der 1400 befragten Schüler und Schülerinnen Kenntnisse von okkulten oder
satanistischen Zeichen und Praktiken hatten. Rund ein Prozent der
Befragten hatte darüber hinaus auch Erfahrungen in satanistischen
Praktiken. |
Pressemitteilung der AJS NRW zum
Jugendsatanismus [vermutlich vom 29.1.2002]: AJS warnt vor Dramatisierung des Jugendsatanismus Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (AJS) Landesstelle Nordrhein-Westfalen, Jürgen Jentsch MdL, hat sich gegen eine Dramatisierung des Jugendsatanismus gewandt. Im Zuge des Bochumer Satanistenprozesses gegen das Ehepaar Ruda werde der sogenannte Jugendsatanismus in den Medien immer wieder gleichgestellt mit den hierarchisch stark strukturierten und ritualisierten Formen satanistischer Praktiken Erwachsener. "Jugendlicher Satanismus ist demgegenüber oftmals Ausdruck jugendlichen Protestverhaltens oder auch die Suche nach intensiven Sinneseindrücken. Beides ist jedoch nicht mit den zweifellos problematischen Formen des Erwachsenensatanismus vergleichbar", sagte Jentsch heute in Köln zu der öffentlichen Diskussion. Man solle den Jugendsatanismus nicht unterschätzen, ihn aber auch nicht unnötig dramatisieren. Es bestehe die Gefahr, daß jungen Menschen mit dem Etikett "Satanismus" die Möglichkeit genommen wird, sich wieder in die Gesellschaft einzufinden. Jentsch fordert daher zu einer sehr differenzierten Betrachtungsweise einzelner Phänomene und Verhaltensweisen Jugendlicher auf und wandte sich gegen pauschale Zuschreibungen. ?Gerade in diesem Bereich haben wir es mit einer Fülle unterschiedlicher Phänomene und Beweggründe zu tun. Es macht wenig Sinn, diese Vielfalt und Komplexität auf eine griffige, aber häufig falsche Schlußfolgerung zu reduzieren". gez. Jan Lieven (AJS) Bei Fragen wenden Sie sich bitte an den
zuständigen Fachreferenten bei der |
Bremer Nachrichten vom 1.2.02
http://www.bremer-nachrichten.de/aus_aller_welt/fs_bn_ausallerwelt.html?id=271
"Zwei schwer gestörte Menschen" Richter schickt Satanistenpärchen auf unbestimmte Zeit in geschlossene Psychiatrie Von Andreas Rehnolt Bochum . "Sie sind gestörte Persönlichkeiten." Mit dieser Einleitung erging gestern im Bochumer Satanistenprozess das Urteil gegen den 26 Jahre alten Daniel Ruda und dessen drei Jahre jüngere Ehefrau Manuela wegen gemeinschaftlichen Mordes. Sie wurden zu 15 beziehungsweise 13 Jahren Haft verurteilt und ihre Einweisung auf unbestimmte Zeit in die geschlossene Psychiatrie angeordnet. Nach Überzeugung des Gerichts haben sich die beiden eines "schrecklichen Verbrechens" schuldig gemacht, als sie am 6. Juli 2001 in ihrer Wohnung in Witten den 33-jährigen Frank H. umbrachten. Sie töteten angeblich "im Auftrag Satans" ihr ahnungsloses Opfer planmäßig mit 66 Hammerschlägen und Messerstichen. Dann flüchtete das Ehepaar und wurde erst fünf Tage später in der Nähe von Jena festgenommen. Ihre Wohnung war voller okkulter Gegenstände. Dennoch ging es bei der Bluttat nach den Worten von Richter Arnjo Kerstingtombroke "nicht um Satanismus, sondern um ein Verbrechen von zwei schwer gestörten Menschen". Der Satanismus sei nur "ein Popanz" gewesen, den die beiden Angeklagten vor sich hergeschoben hätten. Trotzdem attestierte das Gericht den Angeklagten erheblich verminderte Schuldfähigkeit. Die sei so erheblich gewesen, das eine lebenslange Haftstrafe nicht in Frage gekommen sei. Eine kürzere zeitliche Freiheitsstrafe sei jedoch ebenso wenig denkbar gewesen, sagte der Vorsitzende Richter. Da Daniel Ruda die treibende Kraft für die Bluttat gewesen sei, verurteile ihn das Gericht zu der höheren Gefängnisstrafe. In Richtung des exzentrisch gekleideten
Paares sagte Kerstingtombroke: "Mit der Inszenierung ist jetzt Schluss.
Jetzt kommt das graue Einerlei der Psychiatrie für lange Zeit." Das
geständige Paar, das sich seit Prozessbeginn immer wieder vor Kameras und
Fotografen in "teuflische Posen" geworfen hatte, nahm den Richterspruch
äußerlich unbewegt entgegen. Ihre Anwälte kündigten noch im Gerichtssaal
Revision gegen das Urteil an, das ihrer Ansicht nach "zu hart" ausgefallen
sei. Nach den Worten von Kerstingtombroke war der 33-Jährige nicht
zufällig Opfer des Ehepaares geworden. Der ehemalige Arbeitskollege von
Daniel Ruda sei vielmehr als aufgeschlossener und ebensbejahender Mensch
genau das Gegenteil des Paares gewesen. Der geplante Mord sei "aus Wut des
Gestörten auf das Gesunde" begangenen worden, so der Vorsitzende Richter.
Zugleich kritisierte Kerstingtombroke Teile der Medien, die "genau die
Inszenierung gewollt hatten", die im Prozess stattgefunden habe.
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Bremer Nachrichten vom 17.1.02 Mord im Auftrag des Satans Angeklagtes Ehepaar aus Witten gesteht die grausame Tötung des Freundes Bochum (dpa). Für ihr Geständnis verlangte die Angeklagte einen abgedunkelten Saal. "Das Sonnenlicht tut mir weh", sagte die bekennende Satanistin Manuela Ruda. Das Schwurgericht lehnte dies ab, gestattete ihr jedoch eine Sonnenbrille. Die 23-Jährige aus Witten erzählte gestern aus ihrem bizarren Leben als Satanistin. Das umgedrehte Kreuz als Teufelssymbol war am teilrasierten Kopf mit einer geschwärzten Haarsträhne verdeckt, als sie mit leiser Stimme und ohne eine Spur von Reue den grausamen Ritualmord an dem Arbeitskollegen ihres Mannes schilderte.Schon als Jugendliche habe sie "lichtscheue Vampire" als Freunde gehabt, habe Blut gesaugt, "überall, nur nicht an der Halsschlagader". Auf Friedhöfen habe sie geschlafen und sich schon Mal "zur Probe" in Gräbern begraben lassen. "Wir haben uns in den Dienst des Herrn gestellt und geschworen, ihm zu Lebzeiten und nach dem Tode zu dienen", sagte Manuela Ruda. Ein Orakel aus Asche habe befohlen: "Töte, bringe Opfer!" Am 6. Juli vergangenen Jahres hatten sie und ihr Mann Daniel den 33-jährigen Freund Hacki aus Datteln zu einer Feier in ihre Wohnung geholt. "Wir haben ihn beide gut leiden mögen. Wir sind keine Mörder." "Mein Mann kam mit einem Flackern in den Augen ins Wohnzimmer und schlug mit einem Hammer zu", schilderte die Frau den Hergang der Tat. "Dann sah ich ein Messer glühen und hörte eine Stimme: "Jetzt ein Herzstich!' Am Ende lag der Mann, durch 66 Machetenschläge, Messerstiche und Hammerschläge entstellt, tot neben der Schlafstätte von Manuela Ruda, einem Eichensarg. Der Leiche hatten sie ein Pentagramm als Teufelszeichen eingeritzt. Ohne sichtbare Gemütsregung schilderte Manuela Ruda ihr langsames Abgleiten in den Wahn: Nachdem sie die 10. Klasse abgebrochen hatte, jobbte sie in Schottland und London in Szene-Clubs, "nur nachts" sei sie auf gewesen. Ein Gerichtspsychiater hatte dem Paar eine narzisstische Persönlichkeitsstörung attestiert. "Hacki" sei nur von seiner Schmach und seinem Siechtum erlöst worden, ließ Daniel Ruda von seinem Verteidiger ein unterschriebenes Geständnis verlesen. Der Freund sei "Satan als neuer Hofnarr" dargeboten worden. Die Bluttat habe er im Rausch nicht mitbekommen, sagte Ruda, aber insgesamt stimme die Schilderung seiner Frau wohl. Satan habe ihm umfassende Befehle erteilt, berichtete er: Die Hochzeit mit Manuela am magischen Datum 6. 6., die Übernahme des Körpers am 6. 7. durch Satan und das Abschlachten mehrerer Menschen seien angeordnet worden. Zu der "Feier" am 6. Juli 2001 kam nur ein Freund, weitere eingeladene Gäste sagten ab. Eigentlich wollte sich das Paar nach dem Opfermord selbst töten, um gemeinsam begraben zu werden. Doch stattdessen flohen die beiden nach Thüringen, wo ein 17-jähriger Satanist 1993 einen Mitschüler umgebracht hatte. In Jena wurden sie verhaftet.
SüdwestPresse 17.1.02 Prozess / Angeklagtes Ehepaar hat Ritualmord gestanden "Reue wäre Beleidigung Satans'' Angeblich im Auftrag des Teufels gehandelt - 33-Jährigen zu Tode gequält Die wegen Mordes an einem Bekannten angeklagten Satansanhänger Manuela und Daniel Ruda haben ihre Tat gestanden. Die Angeklagte sagte, sie habe "auf Befehl Satans'' gehandelt. Ihr Mann ließ verkünden, er könne nichts bereuen, da dies eine Beleidigung Satans wäre. Bochum· Grausiges Geständnis unter den Augen der Hinterbliebenen: Im Prozess um den Satanistenmord von Witten hat die 23-jährige Angeklagte gestern die okkulte Bluttat detailreich geschildert. Ehemann Daniel Ruda (26) bestätigte die Aussage seiner Frau Manuela weitgehend. In Anwesenheit der Eltern und der Schwester des Opfers sagte die 23-Jährige, Satan habe ihr mit den Worten ¸¸Töte! Bringe Opfer! Bringe Seelen!'' den Auftrag zu der Tat gegeben. "Es war kein Mord'', sagte sie am zweiten Verhandlungstag vor dem Bochumer Landgericht. Er habe den Befehl bekommen, Satan am 6. Juli ein Opfer zu bringen, sagte ihr Mann. Genau an diesem Tag hatte das Ehepaar nach eigenen Aussagen im vergangenen Sommer einen 33-jährigen Bekannten in ihrer mit Sarg, Totenkopfattrappen und SS-Runen ausgekleideten Wohnung getötet. Die Staatsanwaltschaft wirft beiden Mord aus niedrigen Beweggründen vor. In ihrer Aussage erklärte die Frau, sie habe nur Befehle aus der Unterwelt befolgt. Die Angeklagten holten ihr Opfer, einen Arbeitskollegen des Mannes, in Herten ab. Sie fuhren mit ihm zu ihrer düster ausstaffierten Wittener Wohnung. Nachdem ihr Mann mit einem Hammer auf den Wehrlosen eingeschlagen hatte, habe Satan auf ein Messer geleuchtet und gerufen: "Setze den Herzstich!'' Ursprünglich habe sie sich nach der Bluttat selbst umbringen wollen, sagte die Angeklagte. Es hätte mehrere Pläne gegeben. Stattdessen flüchtete das Pärchen mit dem Auto nach Thüringen. In der Nähe von Jena wurde es sechs Tage nach der Tat festgenommen. Über ihren Weg zum Satanismus sagte Manuela Ruda vor Gericht, sie habe mehrfach Kontakt zu Vampiren gehabt und sei dadurch nachhaltig geprägt worden. Ihren Ehemann lernte sie über eine Kontaktanzeige kennen. "Pechschwarzer Vampir sucht Prinzessin der Finsternis'', soll darin gestanden haben. Vor rund zweieinhalb Jahren habe sie Satan ihre Seele verschrieben. Die Urteile sollen voraussichtlich am 31.
Januar gesprochen werden. Den Angeklagten, die keine Schuld ihrerseits
erkennen können, droht neben langen Haftstrafen die unbefristete
Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus. |
Vom
Satansmörder zum Neonazi
Der Mordfall Sandro in
Sondershausen
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